Sinn und Glück im Glauben
Karl Josef Wallner. Media Maria 2008, Gebundene Ausgabe, 176 Seiten, € 14,90
P. Karl Wallner OCist, Heiligenkreuz (Foto: Roland Noé, Creative Commons Licence)Michael Ragg: In ihrem neuen Buch “Sinn und Glück im Glauben” preisen Sie unter anderem eine Gebetsform an, die fast ausgestorben schien, in jüngster Zeit aber neue Anhänger findet: das Rosenkranzgebet. Warum liegt es ihnen so am Herzen?
Pater Karl Wallner: Der Rosenkranz ist mir ein persönliches Anliegen, weil ich durch ihn als Jugendlicher selbst ganz tief den Zugang zum Glauben gefunden habe.
Was haben Sie damals erlebt?
Pater Karl Wallner: Ich bin auf den Rosenkranz gestoßen, weil der immer am Freitag Abend in unserer Dorfkirche vor der Abendmesse gebetet wurde. Am Anfang empfand ich ihn als bedrückend langweilig, aber mit der Zeit habe ich gerade dadurch so richtig beten gelernt. Plötzlich ist ein “Du” vor mir aufgetaucht, wurde Jesus ein “Du” für mich. Durch die Vermittlung der Muttergottes bildete sich eine Beziehung zu Gott. Das war ein Schlüssel-Ereignis in meinem Leben, durch das ich erst richtig gläubig und richtig Christ geworden bin.
Kurzgefasst: Was heißt eigentlich Rosenkranzbeten?
Pater Karl Wallner: Ich habe immer nur einen einfachen Rosenkranz aus Plastik bei mir. Es gibt sehr schöne Rosenkränze. Aber manche schönen Rosenkränze hängt man nur an die Wand, legt sie in Schubladen oder hängt sie hinter den Autospiegel. Meiner ist sehr widerstandsfähig. Er ist ein geweihter Gegenstand, aber er dient vor allem dem Gebrauch. Und er ist ganz leicht zu beten: Man lässt die Gebetsschnur durch die Hand gleiten. Wo das Kreuz ist, betet man das Glaubensbekenntnis, die größeren Perlen sind ein Vaterunser und die kleineren Perlen ein “Gegrüßet seist du Maria”. Im Ganzen besteht er aus fünfmal zehn “Gegrüßet seist du Maria”. Jedes der fünf Teile wird “Gesätzchen” genannt, bei jedem Gesätzchen bedenkt und meditiert man ein anderes Geheimnis aus dem Leben Jesu.
Was da gebetet wird, das Vaterunser und das Ave Maria, ist ja alles gut biblisch fundiert. Nur an einer Stelle im Ave Maria haben vor allem protestantische Christen Bedenken, wenn es heißt: “Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder.” Sie sagen dann, warum brauche ich die Gottesmutter Maria, die für mich bittet? Ich kann mich doch direkt an Gott selbst wenden.Tatsächlich ist es so, dass der Rosenkranz vielleicht das biblischste Gebet ist, das wir Christen kennen.
Denn das Vaterunser ist ja das Gebet, das uns die Heilige Schrift selbst als Lehrgebet Jesu überliefert, und der erste Teil des Ave Maria besteht aus zwei zusammengefügten Bibelworten. Die Marienverehrung ist ja keine Erfindung von uns Katholiken, sondern letztlich eine Erfindung Gottes, des Schöpfers, der uns erlösen wollte. Er lässt die Frau in Nazaret grüßen mit den Worten des Engels: “Gegrüßt seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir.” Das zweite biblische Wort, das eingefügt ist, wieder aus dem Lukas-Evangelium, ist der Gruß, den Elisabeth Maria sagt: “Du bist gebenedeit” – also gesegnet – “unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes.”
Übrigens: Martin Luther hat einen wunderbaren Magnificat-Kommentar geschrieben und er bejaht alle Marien-Dogmen, die wir haben. Allerdings, was er nicht mehr mitvollziehen kann, ist der zweite Teil, wo wir Maria um ihre Fürsprache bitten: “Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.”
Warum braucht es diese Fürbitte Marias?
Pater Karl Wallner: Gott wollte zu uns Menschen in diese Welt hinabsteigen. Er wollte hier in dieser Welt konkret gegenwärtig werden, in einer menschlichen Weise, mit einem menschlichen Leib, in einer wirklich menschlichen Existenz als Jude, aus einer Frau geboren. Die älteste Marienstelle, Galater-Brief 4,6, bezieht sich darauf. Dazu verwendet Gott gleichsam Stufen des Abstiegs und eine davon ist Maria. Und deshalb glauben wir, dass Maria, durch die Gott zu uns abgestiegen ist, auch der Weg ist, wie wir zu Gott aufsteigen können. Das ist keine Konkurrenz zu Jesus!
Sinn und Glück im Glauben
Karl Josef Wallner. Media Maria 2008, Gebundene Ausgabe, 176 Seiten, € 14,90